Die Preise für Lebensmittel sind in den letzten Jahren rasant gestiegen, und Verbraucher erhalten für ihr Geld immer weniger. Statt sichtbarer Preiserhöhungen greifen viele Unternehmen auf versteckte Methoden zurück, um die Kostensteigerungen weiterzugeben. Die Verbraucherzentrale Hamburg untersucht jedes Jahr die größten Tricksereien dieser Art und hat nun die „Mogelpackung des Jahres 2024“ gekürt. Der Negativpreis ging diesmal an einen Orangensaft, dessen Hersteller den Fruchtgehalt drastisch reduzierte – ohne den Preis anzupassen.
Weniger Inhalt, gleiche Preise – ein weit verbreitetes Phänomen
Wer heute einkauft, bemerkt es schnell: Viele Produkte enthalten weniger als früher oder sind in ihrer Qualität reduziert worden, kosten aber genauso viel wie zuvor. Dieser Trick ist als „Shrinkflation“ oder „Skimpflation“ bekannt. Die Statistik zeigt, dass Lebensmittel seit Januar 2020 bis Mai 2024 um mehr als 30 Prozent teurer geworden sind. Einige Produkte, wie etwa Olivenöl, haben sich sogar mehr als verdoppelt.
Um direkte Preiserhöhungen zu vermeiden, setzen Unternehmen verstärkt auf Mogelpackungen – Verbraucher erhalten weniger Produkt für dasselbe Geld. Dies geschieht nicht nur durch kleinere Verpackungsgrößen, sondern auch durch veränderte Rezepturen und geringere Qualitätsstandards.
Orangensaft mit halbem Fruchtgehalt – die „Mogelpackung des Jahres 2024“
Der diesjährige Negativpreis der Verbraucherzentrale Hamburg ging an einen Orangensaft von Eckes-Granini. Der Grund: Der Hersteller hat den Fruchtgehalt des Getränks im Frühjahr 2024 von 100 auf 50 Prozent gesenkt und es mit Zuckerwasser gestreckt – ohne den Preis anzupassen.
„Für Verbraucher bedeutet das eine Verdopplung des Preises bezogen auf den tatsächlichen Saftgehalt“, so die Verbraucherzentrale Hamburg. Besonders kritisch sehen die Experten, dass die Änderung der Rezeptur nicht klar gekennzeichnet wurde. Zwar fehlt nun der Hinweis auf „100 Prozent Fruchtgehalt“, aber es gibt keine klare Angabe, dass das Produkt nun nur noch zur Hälfte aus Fruchtsaft besteht.
Begründung des Herstellers: Klimawandel und steigende Nachfrage
Eckes-Granini verteidigt sich mit einem Verweis auf schlechte Ernten, die durch Extremwetterereignisse und den Klimawandel bedingt seien. Gleichzeitig steige die weltweite Nachfrage nach Orangensaft, was die Rohstoffpreise zusätzlich in die Höhe treibe.
Um die unverbindliche Preisempfehlung stabil zu halten, wurde der Saft durch einen Nektar mit 50 Prozent Fruchtgehalt ersetzt. Das Unternehmen betont, dass sich das Etikett verändert habe – von einem gelben zu einem dunkelgrünen Design –, was den neuen Inhalt widerspiegeln solle. Kritiker argumentieren jedoch, dass diese Anpassung nicht ausreiche, um Verbraucher über die geänderte Zusammensetzung aufzuklären.
Weniger Mogelpackungen, aber drastischere Preissteigerungen
Obwohl die Anzahl der entdeckten Mogelpackungen im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist – 2024 wurden 67 Fälle registriert, 2023 waren es noch 104 –, zeigt sich ein besorgniserregender Trend: Die versteckten Preisaufschläge sind mittlerweile drastischer.
Während die Preissteigerungen durch Mogelpackungen im vergangenen Jahr durchschnittlich 24 Prozent betrugen, liegt der Wert in diesem Jahr bereits bei 31,5 Prozent. Besonders auffällig: Die fünf größten Preiserhöhungen in der aktuellen Untersuchung lagen bei 100 Prozent oder mehr – eine Entwicklung, die 2023 nur einmal vorkam.
Experten vermuten, dass die Unternehmen mit der Inflationsrückkehr versuchen, die während der Hochphase eingeführten Preise beizubehalten. „Wir beobachten, dass Hersteller seltener tricksen, aber wenn, dann mit noch größeren Auswirkungen auf den Preis“, erklärt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Fazit: Verbraucher müssen genau hinsehen
Mogelpackungen sind kein neues Phänomen, doch ihre Auswirkungen werden in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit besonders spürbar. Verbraucher sollten daher genau auf veränderte Verpackungsgrößen, Rezepturen und Preisentwicklungen achten. Die Verbraucherzentralen raten dazu, die Einheitspreise – also den Preis pro Liter oder Kilogramm – zu überprüfen, um versteckte Verteuerungen zu erkennen.
Während Hersteller wirtschaftliche Zwänge als Begründung für ihre Maßnahmen anführen, fordern Verbraucherschützer mehr Transparenz und klare Kennzeichnungspflichten. Denn letztlich sind es die Kunden, die für die versteckten Preiserhöhungen zahlen müssen.